Dorothee Marx (geb. Schneider),
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Wie bist du in der Comicforschung gelandet und was interessiert dich an Comics besonders?
Mein Interesse an Comics hat sich eher spät und auch fast zufällig entwickelt. Ich hatte in meinem Masterstudiengang ein Seminar zur Comics, das ich sehr spannend fand. Unter anderem haben wir Art Spiegelmans MAUS. A Suvivor’s Tale gelesen. Am Ende hat uns der Kursleiter, Cord Casper gefragt, ob wir nicht eine Rezension für Closure das Kieler e-Journal für Comicforschung, schreiben wollen und so habe ich das erste Mal „professionell“ über Comics geschrieben. 2016 bin ich dann über die Graphic Novel Ghosts von Raina Telgemeier gestolpert, in der es um meine chronische Erkrankung Mukoviszidose geht und ich wollte unbedingt darüber schreiben. Auch darin haben mich Cord und die gesamte Closure-Redaktion großartig unterstützt. 2019 habe ich für den entstanden Artikel „The ‚Affected Scholar‘: Reading Raina Telgemeier’s Ghosts as a Disability Scholar and Cystic Fibrosis Patient“ den Martin Schüwer-Publikationspreis der AG Comicforschung und der ComFor bekommen und wurde zur Verleihung ins Erika Fuchs Haus nach Schwarzenbach a.d. Saale eingeladen. Dieser Preis war wirklich eine wunderbare Auszeichnung und eine so tolle Chance in die deutsche Comicforschung einzutauchen. In Schwarzenbach wurde ich von der Comic Studies Community sehr herzlich begrüßt und mir wurde dann auch klar, dass ich auf jeden Fall mit Comics weiterarbeiten möchte. Deshalb bezieht mein Dissertationsprojekt jetzt auch Comics mit ein. Besonders spannend finde ich das Feld der Graphic Medicine, und wie Behinderung, Erkrankung und Trauma im Comic dargestellt werden, gerade, wenn es um die Sichtbarmachung von ‚unsichtbaren‘ Behinderungen geht.
Was hat deine Forschung mit Diversity zu tun?
Meine Forschung ist klar in den Disability Studies verortet. In meiner Dissertation „Temporalities of Disability in Contemporary North American Literature“ untersuche ich ganz unterschiedliche Werke, Romane, Graphic Novels und autobiographische Texte und Comics, und suche immer nach dem Zusammenhang von Zeitlichkeit und Behinderung oder Erkrankung. Auch behinderte Körper werden ja in Kategorien von race, class und gender eingeordnet und erfahren entsprechend intersektionale Diskriminierung (oder Privilegierung). Und die sogenannte ‚Normalität‘ ist vielleicht das zentralste Konzept der Disability Studies, die sich ja besonders mit dem gesellschaftlich als nicht normal empfundenen beschäftigen. Darüber hinaus beschäftige ich mich aufgrund meiner eigenen Behinderung auch mit Fragen von Diversität in der Hochschule, besonders mit Barrierefreiheit und dem Konflikt um die Offenlegung von ‚unsichtbaren‘ Behinderungen und Erkrankungen.
Woran arbeitest du aktuell?
Neben meinem Dissertationsprojekt bin ich Mitglied der Redaktion von Closure und habe gerade an unserer Ausgabe #7.5 mitgerarbeitet. Außerdem arbeite ich zusammen mit Gesine Wegner an einer Special Issue des Journal of Literary and Cultural Disability Studies zum Thema „Cripping Graphic Medicine“, die Anfang nächsten Jahres erscheinen soll. Für den Rest des Jahres stehen auch noch mehrere spannende Konferenzen an. Als Co-Sprecherin des Diversity Roundtable der Deutschen Gesellschaft für Amerikastudien setze ich mich außerdem für das Thema Diversität ein.
Was machst du, wenn du nicht über Comics forschst?
Wenn ich nicht über Comics forsche mache ich Yoga, backe und koche leidenschaftlich gerne und schreibe (u.a. auf Twitter) über das Leben mit Mukoviszidose. Für den Sommer habe ich mir ein Stand-up-Paddleboard gekauft (für die Work-Life-Balance?) und darf hoffentlich unsere Berufsfeuerwehr als Maskenbildnerin wieder bei ihren Übungen unterstützen.