Annemarie Klimke
Universität Siegen
Bild © Emilia Tafel
Wie bist du in der Comicforschung gelandet und was interessiert dich an Comics besonders?
Wissenschaftlich habe ich mich zum ersten Mal während meines Studiums der Vergleichenden Literatur- und Kunstwissenschaft an der Universität Potsdam mit Comics auseinandergesetzt, wenn auch vergleichsweise spät im Zuge meiner Masterarbeit: Hier habe ich die Stabilisierung und Subversion heteronormativer Körperdarstellungen von Wonder Woman in ausgewählten Comics untersucht.
Die Begeisterung, die ich zu dieser Zeit für Comics entwickelte, führte mich parallel zu einem dreimonatigen Praktikum beim Reprodukt Verlag in Berlin, in dem ich mich dem Medium noch mal auf der Produktions- und Distributionsebene nähern konnte.
Mich fasziniert die erzählerische Vielfalt des Comics, seine Hybridität als Text-Bild-Medium, in der sowohl ein demokratisierendes Potenzial als auch die Möglichkeit zum Experiment und zur Grenzüberschreitung angelegt sind. Im Unterschied zu vielen Texten, mit denen ich mich zuvor an der Universität beschäftigt habe, sind Comics aufgrund ihrer formalen Beschaffenheit in der Lage, ein wesentlich größeres und vor allem heterogeneres Publikum anzusprechen. Auch darin liegt für mich ein besonderer Reiz.
Was hat deine Forschung mit Diversity zu tun?
In meiner Dissertation setze ich mich mit der Konstruktion von Emotionen in US-amerikanischen Superheld*innencomics auseinander. Dabei arbeite ich u. a. entlang der folgenden Fragen: Mit welchen Emotionalisierungsstrategien operiert das Superheld*innengenre? Über welche Zeichen werden Emotionen sichtbar gemacht?
Als kulturelle Konstrukte sind Emotionen in Superheld*innencomics diskursiv verbunden mit sozialen Kategorien wie race, class und gender. Im Superheld*innengenre finden sich viele Beispiele stereotypisierender Emotionszuschreibungen, die systematisch diskriminierende bzw. rassistische Imaginationen marginalisierter Gruppen (re-)produzieren. In meiner Arbeit gehe ich diesen Emotionszuschreibungen nach und widme mich u. a. der Frage, über welche Potenziale der Comic im Allgemeinen und das Superheld*innengenre im Besonderen verfügen, um diese Stereotype nicht nur zu wiederholen, sondern eben auch zu unterlaufen oder zu überwinden. Die Untersuchung von Emotionen in Superheld*innencomics beinhaltet damit immer auch eine intersektionale Perspektive.
Woran arbeitest du aktuell?
Momentan konzentriere ich mich gänzlich auf meine Dissertation. Hier arbeite ich aktuell an einem Kapitel, das sich mit Emotionen auf der Story-Ebene des Superheld*innengenres auseinandersetzt. Parallel dazu bereite ich meinen Vortrag für das von Anna Beckmann, Kalina Kupczynska, Marie Schröer und Véronique Sina veranstaltete Symposium „Race, Class, Gender & Beyond – Intersektionale Ansätze der Comicforschung“ (20.-22.10.2021, Schloss Herrenhausen in Hannover) vor und nehme regelmäßig an digitalen Veranstaltungen der Studienstiftung teil.
Was machst du, wenn du nicht über Comics forschst?
Wenn ich nicht gerade an meiner Arbeit schreibe oder dafür und darüber hinaus Comics lese, verbringe ich viel Zeit mit meinem Hund im Park, schaue Miyazaki-Filme oder mache Yoga.