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Diversity-Steckbrief: Myriam Macé

Myriam Macé

AG Französische Literaturwissenschaft, Universität Bremen

Wie bist du in der Comicforschung gelandet und was interessiert dich an Comics besonders?

Ich bin nicht direkt nach dem Studium in die Wissenschaft gegangen. Von meiner universitären Ausbildung her bin ich Lehrerin für Kunst und Französisch an Gymnasien/Gesamtschulen und ich habe nach dem Referendariat auch in Bremen unterrichtet. Dort kamen Comics in meinen beiden Fächern zum Einsatz: Im Französischunterricht haben wir frankophone Bandes Dessinées (BD) gelesen, z.B. die Reihe „Aya de Yopougon“ der ivorischen Szenaristin Marguerite Abouet. BD sind als neuvième art fester Bestandteil der frankophonen Medienkultur und der Literaturszenen. Im Kunstunterricht habe ich Comics ebenfalls behandelt.

Als ich meine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Bremen in der AG Französische Literaturwissenschaft angetreten habe, verdichtete sich mein Forschungsinteresse auf frankophone BD. Dass Comics ein legitimer Forschungsgegenstand sind, wurde mir damals über die Ringvorlesung der Comicforschung am Rhein bewusst. Meine eigene Lesevorliebe für autobiographische Werke führte mich dann zu der Frage, welche identitätsstiftenden Themen, Topoi, Motive und Diskurse dort Menschen aufgreifen und verhandeln, die sich als Frauen identifizieren. Die Welt der frankophonen BD ist bis heute stark männlich dominiert. Wirklich sichtbar wurden Frauen in der Domäne erst mit dem Einzug des Autobiographischen. BD weiblicher Autorschaft mit autobiographischer Ausrichtung müssen sich in diesen patriarchalen Strukturen behaupten und sich dazu verhalten. Daraus erwachsen spezifische Momente des Widerstands, und zwar auch in Form von widerspenstigen bzw. widerständigen BD-Gestaltungen in Bezug auf die zeitgenössischen Geschlechterdiskurse in der BD-Tradition und der westlichen Öffentlichkeit. In meinem Dissertationsprojekt beschäftige ich mich deshalb mit widerspenstigen Konstruktionen weiblicher Selbstbilder in autobiographischen BD.

Was hat deine Forschung mit Diversity zu tun?

Um dem männlich dominierten Comic/BD-Kanon entgegenzuwirken, braucht es dringend eine Integration weiblicher Comicschaffender in die tradierte Comicgeschichtsschreibung. Mit meiner Forschung möchte ich also einerseits dahingehend zu einer grundlegend größeren Vielfalt beitragen. Andererseits gehe ich mit meinem Interesse an identitätsstiftenden Erlebnissen in den autobiographischen BD davon aus, dass neben aufgegriffenen und kritisch reformulierten genderkonnotierten Diskursen, weitere Differenzkategorien in den Narrationen zum Tragen kommen. In diesen Werken können sich persönliche Diskriminierungserfahrungen offenbaren, die über Gender hinausgehen und auch Aushandlungsfelder wie soziale Klasse, Ethnizität, Nationalität, Religion oder Dis/Ability umfassen. In einer intersektionalen Perspektivierung geht es mir genau darum, die Wechselwirkungen dieser Differenzkategorien in den BD herauszuarbeiten und somit der Komplexität und Diversität dieser Identitätsentwürfe Rechnung zu tragen.

Woran arbeitest du aktuell?

Gerade untersuchte ich den Farbeinsatz und die Farbsymbolik in drei autobiographischen BD über den Anschlag auf Charlie Hebdo am 7. Januar 2015. Außerdem beschäftigt mich die Frage, inwiefern in autobiographischen BD explizite oder implizite Vermittlungsmomente zu bestimmten Themen, z.B. zu physischer oder psychischer Gesundheit, stattfinden.

Was machst du, wenn du nicht über Comics forschst?

In der AG französische Literaturwissenschaft gibt es viel zu tun! Ein großer Fokus liegt auf Transferveranstaltungen für die breite Öffentlichkeit. Dabei arbeiten wir in Kooperation mit dem Institut Français in Bremen und weiteren Beteiligten des Campus Nord für Frankreich und Frankophonie. Ansonsten bin ich Teil des Redaktionsteams der Website der ComFor und kümmere mich mit um den Publikationsmonitor. Wenn es mir darum geht, den Kopf frei zu bekommen, kann ich Stundenlang im Kleingarten rödeln oder Sauerteigbrot backen. Leckeres Essen – und zwar gerne selbst produziert – ist für mich fundamental!