Jasmin Wrobel
Freie Universität Berlin
Bild © Panchulei
Wer bist du?
Mein Name ist Jasmin Wrobel, ich komme aus dem Ruhrgebiet und bin Literaturwissenschaftlerin und Lateinamerikanistin. Zurzeit arbeite ich als Research Track-Postdoc und akademische Koordinatorin am Exzellenzcluster EXC 2020 Temporal Communities: Doing Literature in a Global Perspective an der Freien Universität Berlin.
Wie bist du in der Comicforschung gelandet? Was interessiert dich an Comics besonders?
Gute Frage! Ich habe Comics schon immer gern gelesen, aber eine erste wissenschaftliche Auseinandersetzung fand glaube ich über diverse lateinamerikanische graphische Narrative statt, die sich mit Memoria-Diskursen auseinandersetzen – vor allem mit den Militärdiktaturen Südamerikas in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mich hat interessiert, wie hier erzwungene Abwesenheiten dargestellt und wie Familiengeschichten nachvollzogen wurden sowie die Frage, auf welche Weise der Comic die Funktion eines (alternativen) Archivs einnehmen kann. 2015 habe ich dann das erste Mal ein Seminar zu Comics und Graphic Novels in Lateinamerika angeboten und mich hiervon ausgehend vermehrt mit (queer)feministischen Comics beschäftigt, in ganz unterschiedlichen Formaten.
Was sind deine anderen Forschungsschwerpunkte?
In meiner Dissertation habe ich zu dem brasilianischen konkreten Dichter Haroldo de Campos gearbeitet – Bild-Text-Beziehungen, insbesondere auch in der konkreten/visuellen/experimentellen Poesie, interessieren mich also schon länger. Zudem interessiere ich mich für die (neo)barocke Literatur Lateinamerikas sowie Literaturen der Grenze, Latinx Studies und, wie bereits angeklungen, die Verhandlung von Memoria-Diskursen in den iberoromanischen Literaturen.
Woran arbeitest du aktuell?
Im Moment arbeite ich an einem Habilprojekt mit dem Arbeitstitel Body / Images – Foreign / Gazes: (Feminine) Territoriality and CorpoGraphy in Latin American Graphic Narratives. In dem Projekt untersuche ich, 1) welche Plattformen und Netzwerke sich lateinamerikanische Comiczeichnerinnen insbesondere in den letzten 20 Jahren aufgebaut haben. Zudem interessiert mich die Frage, 2) auf welche Weise diese Comics transmediale Dialoge mit hegemonialen bzw. kolonialen oder ‚westlichen‘ Kunst- und Darstellungstraditionen eingehen, insbesondere mit den erotisierenden und exotisierenden Stereotypen des Weiblichen (Hexen, Amazonen, Sirenen usw.). Schließlich frage ich 3) nach der Rolle (queer)feministischer Comics in den aktuellen Protestbewegungen Lateinamerikas. Im Moment arbeite ich außerdem an mehreren kleineren Projekten, zusammen mit Janek Scholz, der auch AG-Mitglied ist, z.B. an einem Katalog zu Afro-Lusophonen Comics aus Portugal, Brasilien, Angola und Mosambik; er soll 2022 erscheinen.
Was machst du, wenn du nicht über Comics forschst?
Ich bin gern in der Natur, mache gern Outdoorsport – die Pandemie hat mir hier auch einen Anstoß gegeben, die nähere Umgebung genauer zu erkunden.